Böse Zungen unterstellen Männern ja eine gewisse Eindimensionalität im Zusammenhang mit Milchfettprodukten unter haushaltsüblichen Lagerbedingungen („Schatz, wo ist denn die Butter?“). Aber auch Menschen wie ich, die mit zwei X-Chromosomen pro Zelle durchs Leben gehen, sind hier und da überfordert, wenn es um das Auffinden von bestimmten Lebensmitteln zum Zwecke der heimischen Bevorratung geht.
Ich finde mich vor dem Kühlregal des Supermarktes meines Vertrauens wieder. Mich beschleicht einmal mehr das Gefühl, dass (a) das Angebot an Milchprodukten viel zu umfangreich ist und (b) die Regale immer dann umsortiert werden, wenn man sich durch wiederholtes Einkaufen endlich eingeprägt hat, an welchem Platz man die Artikel findet. Was macht der Quark in Magerstufe an der Stelle, wo sonst die mild gesäuerte Bergbauernbutter meinen Blick erfreute und meiner Hand schmeichelte?
Zu allem Übel befindet sich einer der zahllosen Lautsprecher direkt über besagtem Kühlregal. Wie der erste Wortbestandteil zweifelsfrei nahelegt, ist die daraus erschallende Musik, nun ja, laut. Wilhelm Busch meinte hierzu einmal: Musik wird oft nicht schön gefunden, weil stets sie mit Geräusch verbunden. Dem kann ich aus tiefstem Herzen zustimmen.
Mir ist bewusst, dass ich mit dieser Meinung vermutlich einer schweigenden Minderheit angehöre. Grundsätzlich habe ich ja auch nichts gegen Musik, aber die wahllose Dauerbeschallung verfehlt bei mir den Zweck, für eine angenehme und verkaufsfördernde Atmosphäre zu sorgen. Darüber hinaus passt das dargebotene Liedgut meist nicht zur Situation. Hier könnte Musik parallel zur Unterhaltung als Informationsmedium dienen. Der Klassiker no milk today von den Herman’s Hermits wäre (a) gefällig (zumindest aus meiner persönlichen Sicht) und (b) würden milchbedürftige Käufer schon in Hörweite vor dem Kühlregal erfahren, dass eine eingehendere Suche völlig sinnlos wäre. Die Zeitersparnis und die gesundheitlichen Vorzüge (Stichwort: Stressvermeidung) wären sicher von volkswirtschaftlicher Signifikanz.
Nicht so hier. Aus dem Lautsprecher schallt die musikalische Verarbeitung einer gescheiterten Liebesbeziehung zum Zwecke der kommerziellen Vermarktung. Nichts, was die Suche erleichtern würde, und auch die Tatsache, dass es anderen Menschen eventuell noch schlechter geht als mir, spendet mir nur geringen Trost. (Abgesehen davon würde es mich nicht wundern, wenn der Liedtext frei erfunden wäre und keinerlei Bezug zur Realität hätte, aber das nur nebenbei.)
Mir kommt das Gedicht von Joseph von Eichendorff in den Sinn:
Schläft ein Lied in allen Dingen
die da träumen fort und fort,
und die Welt hebt an zu singen,
triffst du nur das Zauberwort.
Eine zweite Strophe drängt sich auf:
Tönt Musik aus allen Ecken,
keiner hört mehr richtig zu;
kannst dich nicht vor ihr verstecken,
findest nirgends deine Ruh.
Was ich außerdem nirgends finde: die mild gesäuerte und bereits oben erwähnte Bergbauernbutter.
hihi.
schön gedichtet. und „no milk today“ hat mir auch sehr als idee gefallen. *lach*
ich versteh die umräumerei in supermärkten auch nicht. ich glaube, es geht darum, dass man endlich mal andere produkte findet, die man weder gesucht hat noch braucht. *gg*
entspannten abend dir! 🙂
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Danke! Fürs Wochenende ist eingekauft, daher wird’s sicher entspannt 😉
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sehr gut. 🙂
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Herrlich, ich kann dich gut verstehen! Und das schlimmste steht uns noch bevor: die grauenhafte, aggressionsauslösende Beschallung mit Weihnachtsliedern. Ein Alptraum!
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Oh nein, das hatte ich völlig verdrängt 😱
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