Deli sah nur ein verschwommenes leuchtendes Viereck vor den Augen tanzen. Sie saß im Bus und zog die Nase hoch. Der ältere Herr, der in der gegenüberliegenden Reihe saß, schaute immer wieder zu ihr, aber sie konnte durch den Tränenschleier sein Gesicht nicht erkennen. Und eigentlich war es ihr egal, ob er mitleidig oder angewidert dreinblickte.
Schwanger zu sein, das hatte sie sich immer als etwas Wunderbares vorgestellt. Schwanger wurde man, wenn man einen festen Partner hatte und das Leben in geordneten Bahnen verlief. Eine ungewollte Schwangerschaft war etwas, was eigentlich nur anderen passieren konnte. Oder nicht?
Etwas schien sich in ihrem Bauch zu regen. Das konnte eigentlich gar nicht sein, dazu war es noch viel zu früh. Vermutlich nur die Aufregung. Und trotzdem: die Vorstellung, dass da in ihr ein kleiner Mensch heranwachsen würde. Jemand, der irgendwann Mama zu ihr sagen würde. Eigentlich wunderbar – und furchtbar zugleich.
Und der Papa? Wie würde der reagieren? Er hatte ihr eingeschärft, ihn niemals während der Arbeitszeit zu kontaktieren. Und selbst wenn: er konnte unmöglich weg vom Arbeitsplatz und wäre ihr in dieser Situation keine Hilfe. Wie konnte sie ihm erklären, was sie selbst noch nicht begriff?
Ihr Handy vibrierte. Deli rieb sich mit dem Jackenärmel die Augen trocken, so gut es ging. Eine Textnachricht von Caro. Ein Treffen. Heute Nachmittag.
Das ist der vierte Teil der Alphabetgeschichten. Gut, wenn man jemanden wie Caro hat.